Teileinkünfteverfahren: Nachträglicher Antrag bei verdeckter Gewinnausschüttung zulässig
Bei einer Gewinnausschüttung können Gesellschafter beantragen, dass diese nicht mit der Abgeltungsteuer (25 %), sondern nach dem oft günstigeren Teileinkünfteverfahren besteuert wird. Dieser Antrag ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum (VZ) zu stellen und gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier VZ. Das Problem: Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) wird regelmäßig erst bei einer Betriebsprüfung festgestellt – also zu einem Zeitpunkt, in dem der Gesellschafter seine Steuererklärung bereits eingereicht hat. In diesen Fällen, so das Finanzgericht München, ist die Fristregelung nicht anzuwenden.
Hintergrund
Bei einer vGA handelt es sich – vereinfacht – um Vermögensvorteile, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gewährt werden. Eine vGA darf den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern.
Grundsätzlich unterliegen Gewinnausschüttungen der Abgeltungsteuer. Auf Antrag können Gesellschafter Gewinnausschüttungen aber mit ihrem persönlichen Steuersatz nach dem Teileinkünfteverfahren versteuern. Dann sind 60 % der Einkünfte steuerpflichtig. Da im Gegenzug jedoch auch 60 % der Werbungskosten geltend gemacht werden können, kann sich der Antrag insbesondere bei hohen Werbungskosten lohnen.
Eine individuelle Besteuerung ist zulässig, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird,
- zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder
- zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und beruflich für diese tätig ist.
Entscheidung
Zwar ist der Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens nach dem Gesetzeswortlaut spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung des betreffenden Jahres zu stellen. Das Finanzgericht München ist aber der Überzeugung, dass dies nicht gilt, wenn dem Gesellschafter ausschließlich vGA zugeflossen sind, die er in seiner Steuererklärung als Einnahmen bei anderen Einkunftsarten als den Kapitaleinkünften erklärt hat und die vom Finanzamt erst nachträglich nach einer Betriebsprüfung als Kapitalerträge besteuert worden sind.
In einem solchen Fall kann der Steuerpflichtige sein Wahlrecht solange ausüben, bis der Einkommensteuerbescheid des fraglichen Jahres formell und materiell bestandskräftig ist.
Quelle | FG München, Urteil vom 15.6.2016, Az. 9 K 190/16, Rev. BFH Az. VIII R 20/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 188556